Montag, 22. April 2013

Kulturworte: Taschen-Ausstellung in München


Taschen werden häufig zum bloßen Accessoires, ja Anhängsel degradiert, in der frau alle wichtigen Dinge verstaut, die nicht selten überflüssig erscheinen und zur schweren Last werden können. Dabei leistet die Tasche doch so viel mehr: Sie gehört zur Vollendung eines Outfits ebenso dazu wie Kleidung oder Schuhe. Sie kann den ersten Eindruck vernichten oder veredeln. Und welcher Begleiter ist derart geduldig? Er beinhaltet unser halbes Leben, ist immer zur Stelle, verzeiht böse Rempler, einen unsanften Umgang oder Bodenkontakt.




Umso bedeutender ist es, die Geschichte der Tasche aus einer anderen Perspektive zu erzählen und sie auch jenseits von Modemagazinen in den Mittelpunkt zu stellen. Das Bayerische Nationalmuseum schafft dies mit der Ausstellung "Taschen – Eine europäische Kulturgeschichte vom 16. bis zum 21. Jahrhundert": Mit einem Blick fürs Detail, kurzweiligen erklärenden Texten und vielen historischen wie aktuellen Taschenmodellen wird diese Ausstellung für jeden zu einem gelungenen Museumsbesuch.
In der Tasche selbst spiegelt sich der europäische Kultur- und Lebenswandel wider. Den Anfang machte die einfache Beuteltasche, die zum Aufbewahren von Goldmünzen diente und man(n) meist am Gürtel befestigte. So wenig Taschen gegenwärtig bei Männern im Fokus stehen, so sehr waren sie damals ein notwendiger Gebrauchsgegenstand jedes Mannes. Die typische Frauenhandtasche, die wir heute kennen und lieben, entwickelte sich erst aus der Reisetasche. Die Reiseleidenschaft der bürgerlichen Gesellschaft nahm am Ende des 19. Jahrhunderts derart zu, dass man ein adäquates Gepäck benötigte. Henkel, die wir heute wie selbstverständlich benutzen, entstammen dieser praktischen Überlegung, sein Gepäck an jeden gewünschten Ort tragen zu können. Vor dem 18. Jahrhundert schätze man hingegen eine größtmögliche Bewegungsfreiheit der Hände und befestigte Beuteltaschen unter den vielen Schichten des Reifrockes. Die Tasche war nahezu unsichtbar und kam erst wieder durch einen schlichteren Kleidungsstil und weniger Schichten zum Vorschein und wurde für Frau ein wahres Accessoires, das mit Stickereien, Perlen und anderen Verzierungen glänzen durfte.
So nahm die Geschichte ihren Lauf, an deren Ende ein regelrechter Taschenhype entsteht. Was ist die derzeitige It Bag und welche Luxusmarken sind En Vogue? Welche Taschenform soll es sein und wohin wandert die Tasche: in die Hand, über die Schulter, in die Armbeuge oder gar auf den Rücken? Jahrelange Wartezeiten, vier- bis fünfstellige Summen und Prominente als Namensgeber für das neueste Taschenmodell sind dabei schon längst nichts Ungewöhnliches mehr.

Nun habe ich fast schon zu viel verraten und kann euch nur empfehlen, dieser Ausstellung einen Besuch abzustatten und ein wenig von der Leidenschaft mitzunehmen, die Taschen auslösen können. Im Übrigen ärgere ich mich fast ein wenig nach all den Jahren noch nie im Bayerischen Nationalmuseum gewesen zu sein, denn das ist von innen wie außen ein wahres Schmuckstück.



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