Dienstag, 22. April 2014

Noch nie da gewesen? Von Moden, Ladenhütern und Reklame

"Die Urbilder unserer Frauenmoden": Abbildung aus der Gartenlaube (1867)Heft 46, S. 725–727 

Die liebe Modewelt versucht es immer und immer wieder: Sie verführt uns, präsentiert Monat um Monat neue Kollektionen, führt uns vermeintliche Innovationen vor und lockt in die Läden. Allzu oft erwischt es mich und ich verknalle mich Hals über Kopf in Muster, Schnitte oder Stoffe. Doch viele viele Male langweilt mich der ganze Trubel und man sieht vor lauter Kleidungsmassen das eine besondere Modestück nicht mehr. 

"Es ist Alles schon einmal dagewesen – schlechter oder besser – und wir gießen nur eine moderne Brühe darüber, um das Gericht dem Gaumen schmackhafter zu machen."


Diese Gedanken haben - Überraschung - Deutschland bereits im Jahr 1867 bewegt. Die ständige Suche nach neuen Reizen wie Vorbildern liegt uns inne und da sich das Rad der Zeit auch in der Mode nur schlecht neu erfinden lässt, muss ein gewisser Selbstbetrug her:

"Und das Alles zusammengenommen ist deshalb so entzückend und graciös, weil es neu, weil es, wie man meint, noch nie da gewesen ist!"

"Wie werden Moden gemacht?": Abbildung aus der Gartenlaube (1867), Heft 50, S. 794–796

Derartige historische Fundstücke lassen mich immer wieder schmunzeln: Zeigen sie doch, wie wenig sich in 147 Jahren verändert hat. Natürlich folgt die Mode heute vollkommen anderen Regeln, die Grenzen zwischen Geschlechtern und Ständen sind größtenteils aufgehoben, doch das Innerste bleibt: "Nur auffallen! heißt die Parole".
Mode wird bereits damals gnadenlos kopiert, sie lässt in der Masse eine Trendwelle nach der anderen entstehen und hebt das Unbedeutende plötzlich in den Modehimmel:
"Mit einem Male wirft sich der Geschmack auf das lange Unbeachtete oder gar Verachtete und kauft zu erhöhten Preisen, was als „Ladenhüter“ schon werthlos erschienen war." 
Die Entstehung von Moden vollzog sich in wesentlich kleineren Maßstäben, große Designer, Präsentationen oder homogene Kunden fehlten, das Handwerk zählte und die Schneiderin vollbrachte vor Ort kleine Modewunder und erfüllte gezielt die Wünsche ihrer Kunden. Inspirationen lieferten Bibliotheken, Theaterfundus oder historische Ereignisse. Doch selbst die schönsten Kreationen bleiben ohne die Macht der Medien unentdeckt: Erst sie verzaubern uns und lassen den Wunsch aufkeimen, dieses besondere Stück zu besitzen. Sei es durch Bilder, Ton oder Worte:
"Denn wenn die Mode eine Göttin, so ist die Reclame, der Iris gleich, ihre Botin, die windesschnell dahinfährt."

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