Freitag, 26. Oktober 2012

Literatur trifft Mode: "Das kunstseidene Mädchen"

Das kunstseidene Mädchen
Bluse: Rachel Zoe via mytheresa - Hose: Topshop - Schuhe in Braun: Daniel Ancarani via Shoescribe - Tasche: Asos - Grüner Hut: Bailey of Hollywood via Zalando - Mantel: COS - Kragen aus Kunstpelz: H&M - Hut in Bordeaux: Catarzi via Asos - Kleid von Givenchy via mytheresa - Handschuhe: Asos - Clutch: French Connection via Asos - Pumps: Ted Baker via Asos

Das kunstseidene Mädchen von Irmgard Keun aus dem Jahr 1932 - ein Roman, der zu meinen absoluten Lieblingen gehört. Er erzählt die Geschichte von Doris, einem jungen Mädchen, das ihren Job und langweiligen Alltag aufgibt, und in die weite Welt hinauszieht, in die Großstadt Berlin. Dort hangelt sie sich von Abenteuer zu Abenteuer, von Mann zu Mann und muss der hässlichen Wahrheit zunehmend ins Gesicht blicken, ihr Traum - ein Glanz zu werden - wird überschattet von Geldsorgen, Kälte und Einsamkeit. Festgehalten wird alles in einem sehr subjektiven Bericht, der durchwirkt ist von Zitaten aus Werbung, Film und Kunst:
"Und ich denke, daß es gut ist, wenn ich alles beschreibe, weil ich ein ungewöhnlicher Mensch bin. Ich denke nicht an Tagebuch – das ist lächerlich für ein Mädchen von achtzehn und auch sonst auf der Höhe. Aber ich will schreiben wie Film, denn so ist mein Leben und wird noch mehr so sein."

Irmgard Keun: Das kunstseidene Mädchen. Roman. Berlin 2007, S. 8.

 
Eine ganz besondere Rolle spielt die Mode. Sie ist für Doris eng mit ihrem Auftreten als Frau, als Dame von Welt verbunden, hierüber definiert sich ihre Präsenz und ihr Selbstbewusstsein:
"Aber von meinen 50 Mark hatte ich mir gleich einen Hut mit Feder gekauft – dunkelgrün – das ist jetzt Modefarbe, und steht mir herrlich zu meinem erstklassigen rosa Teint.. Und ist schief auf einer Seite zu tragen – kolossal fesch – und ich hatte mir bereits einen dunkelgrünen Mantel machen lassen – streng auf Taille und mit Fuchsbesatz […] Aber ich bin jetzt komplett in Garderobe – eine große Hauptsache für ein Mädchen, das weiter will und Ehrgeiz hat."
Irmgard Keun: Das kunstseidene Mädchen. Roman. Berlin 2007, S. 10.
Mode ist für sie ein Anker, ein Zufluchtsort, in den sie sich hineinkuscheln kann und der ihr Halt gibt vor der kalten großen Welt. Kleidung wird regelrecht lebendig:
"Da sah ich an einem Haken einen Mantel hängen – so süßer, weicher Pelz. So zart und grau und schüchtern, ich hätte das Fell küssen können, so eine Liebe hatte ich dazu. Es sah nach Trost aus und Allerheiligen und nach hoher Sicherheit wie im Himmel. Es war echt Feh. […] Und der Pelz war für meine Haut wie ein Magnet, und sie liebte ihn, und was man liebt, gibt man nicht mehr her, wenn man es mal hat."
Irmgard Keun: Das kunstseidene Mädchen. Roman. Berlin 2007, S. 61f.
Doch zugleich kann dieser äußere Schein auch sehr schnell zerfallen, er ist lediglich eine Hülle, der ihr von reichen Liebhabern übergestülpt wird. Sie kaufen Doris wunderschöne Dinge, aber für ihr Inneres haben sie nichts zu geben.
"Es geht etwas vorwärts. Ich habe fünf Hemden Bembergseide mit Handhohlsaum, eine Handtasche aus Rindleder mit etwas Krokodil dran, einen kleinen grauen Filzhut und ein Paar Schuhe mit Eidechsenkappen."
Irmgard Keun: Das kunstseidene Mädchen. Roman. Berlin 2007, S. 78.
"Ich habe es erreicht. Ich bin – o Gott – Mutter, ich habe eingekauft: ein kleines Pelzjackett und Hüte […] Gewaltig bin ich. Ich bin so voll Aufregung. […] Und ich bin ja sooo schön. Und muß fast weinen, denn jetzt weiß ich mit meiner Schönheit nicht wohin – für wen bin ich schön? Für wen?"
Irmgard Keun: Das kunstseidene Mädchen. Roman. Berlin 2007, S. 122.
So erklärt sich auch der Titel Das kunstseidene Mädchen: Hier ist kaum etwas echt und alles ist - auch die Mode - nur ein Ersatz für etwas, was verzweifelt gesucht wird. Nicht Geld oder Reichtum, sondern ganz einfach Liebe.
"Und hatte mir von meinem letzten Geld ein braunes Honigkleid gekauft mit gleitenden Falten, so sanft und ernst, wie Frauen vergessen zu lachen, wenn sie einer küßt, den sie mögen."
Irmgard Keun: Das kunstseidene Mädchen. Roman. Berlin 2007, S. 187.
Der Stil von Doris mischt Tradition mit Moderne. Zum einen verkörpert sie den Typus der Neuen Frau, zum anderen nimmt sie das Klischeebild der Frau auf, will verführen und vor allem den Männern gefallen. In der Collage habe ich also ein braunes Honigkleid herausgesucht, aber auch eine Hose, die sich wunderbar integrieren lässt. Es ist immer wieder überraschend, wie sich die Zeiten doch gleichen und wiederholen: Hüte, Seidenblusen, die Farben Bordeaux und Dunkelgrün sind heute wie damals Trends. Was sagt ihr? Könnt ihr euch die Outfits vorstellen und was würdet ihr davon auswählen?

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